Zum Fall Andreas Schuster

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Zur Berichterstattung über den Rechtsstreit zwischen Andreas Schuster und der Evangelischen Kirche in Gütersloh:

Andreas Schuster ist ein ganz besonderer Mensch. Zu Schulzeiten war er Schülersprecher, er war engagiert und vertrat die Interessen der Schüler_innen seiner Schule geschickt und vorausschauend.  Ich erinnere mich sehr gut, denn ich war sein SV-Verbindungslehrer.
Sein damaliges Engagement für die Schulgemeinde hat er zu seinem jetzigen Beruf weiterentwickelt. Doch es wird ihm nicht gedankt.
Rücksichtnahme auf seine besondere Situation wäre normal menschlich.
Und genau das vermisse ich in diesem Fall, der zu dieser juristischen Auseinandersetzung geführt hat.

In welcher Gesellschaft leben wir, dass wir es nicht mehr aushalten, dass ein Mensch nicht mehr ganz so 100%ig einsatzfähig ist und dafür „ausgeschaltet“ wird?

Welche Rolle spielte eigentlich die Mitarbeitervertretung, die doch wissen müßte, dass das Berufliche Wiedereingliederungsmanagement zum Schutze aller Beschäftigten greifen muss?

Für mich als Gewerkschafter ist das unbegreiflich. Ich mache freiwilligen Lotsendienst auf der MobbingLine NRW. Was ich dort höre, führt mich zu dem Schluss, dass Herr Schuster durch Schikane aus seinem Arbeitsplatz gedrängt werden sollte. Mobbing ist verboten -Grundgesetzartikel 1! Haben die kirchlichen Arbeitgeber eigentlich eine Dienstvereinbarung zu Mobbing(-Vermeidung) unterzeichnet?

Ich weiß, dass Kirchenleute an der MobbinLine NRW beteiligt sind, wir treffen uns auch  wenigstens einmal im Jahr zur Auswertung der Vorfälle und Beratung des weiteren Vorgehens.
Als Gewerkschafter_innen  haben wir, denke ich, viel erreicht dadurch, dass Menschen mit Teilbehinderungen als gleichwertige und -berechtigte Arbeitnehmer_innen zum Einsatz kommen.
Das darf nicht zurückgedrängt werden, auch wenn es sich nicht (mehr) rechnet.

Viel schlimmer aber ist noch, dass ein, auch von mir selbst in meiner Zeit als Mitglied im erweiterten Landesvorstand der GEW NRW und des Bezirkspersonalrates Gesamtschulen gefordertes sicheres Wiedereingliederungsverfahren nach Erkrankung, das BEM, durch den krichlichen Arbeitgeber ignoriert bzw. unterbrochen wurde durch einen Hinauswurf. Das ist schlichtweg skandalös und überantwortet uns alle der Willkür. Oder soll hier vielleicht ein Versuchsballon gestartet werden?
Kirchliche Arbeitgeber haben in letzter Zeit viel von sich reden gemacht, weil sie sich nicht an die Tarifabschlüsse der weltlichen Arbeitgeber halten wollen.
Dann brauchen sie sich erst recht nicht an arbeitsrechtliche Regelungen zu halten?

Oder sind hier etwa die Kirchen Vorkämpfer für die Entrechtung der Menschen, so wie ausgerechnet die SPD vor ein paar Jahren  Vorkämpferin für die Entrechtung und gesellschaftliche Herabsetzung der Arbeitslosen war?

Ich habe auch Angst davor, dass der Ungeist sich verbreitet, wir hätten wieder viel zu viele Überflüssige in unserer Gesellschaft.

Auch Sparsamkeitserwägungen haben Herrn v. Bodelschwingh in der Nazizeit veranlasst, seine Schutzbefohlenen der Vernichtung durch die Aktion T 4  zu überantworten. Pfarrer Walczak-Detert zitiert ihn sogar im WDR in der Aktuellen Stunde so: „Barmherzigkeit für einen Einzelnen, die auf Kosten vieler geht, ist keine Barmherzigkeit“

Ein Skandal ist dieses Zitat an dieser Stelle, wenn man den historischen Zusammenhang herstellt. Und das muss man. Wie oft heißt es, dass zusammenhanglos zitiert wurde – und hier geht es gar nicht. Dieser Kirchenvertreter hat im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst.

Damals war die Barmherzigkeit Bethels die Existenzvernichtung…

Es ist dringend geboten, dieser Entwicklung einen Riegel vorzuschieben.

Wir sind alle in der Verantwortung.

Lassen wir es nicht zu, wenn wir als Menschen noch ernst genommen werden wollen!

Ludger Klein-Ridder, Kandidat zur Bundestagswahl für die Partei DIE LINKE im WK 131, Gütersloh